November 02, 2006

"The difference between stupidity and genius is that genius has its limits."
(Albert Einstein)


Duschköpfe in den USA befinden sich meist total festgeschraubt an der Wand, was das Duschen teilweise verkompliziert und das Putzen der Badewanne erst recht. Deswegen gebe ich dem Freund immer eine Flasche Putzmittel plus Schwamm mit zum Duschen, soll er mal ein bisschen schrubben. 

Amerikanische Badewannen selbst sind extrem niedrig, was Baden recht öde macht, da ständig irgendein Bein oder Arm unsinnig hervorragt und empfindlich abkühlt. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, alle Körperteile gleichzeitig in so einer Wanne unterzubringen. 

Fazit: Neulich stand ich also recht unmotiviert in der Dusche herum, als es an der Tür hämmerte. Wenn jemand an die Tür hämmert, schreit der Freund immer "You knock like the damn police!", was ich nicht nur auf dem Weg zur Tür dachte, sondern noch viel mehr als ich sah, dass tatsächlich die Polizei vor mir stand. 
Zwei streng aussehende, schwarz uniformierte Polizisten, mit Knüppel an der linken und Handschellen an der rechten Seite des Gürtels. Was für ein Auftritt! 
Ich muss eine leicht peinliche Erscheinung gewesen sein: Halb angezogen, halb in ein Handtuch gewickelt, ein Fuß ohne Socke, Haare undefinierbar zu einem Knäuel zusammengebunden, Mascara in der Hand, aber noch nicht auf den Wimpern. 
In solchen Situationen vergesse ich gern, welche Sprache ich sprechen muss und fange grundsätzlich erst einmal mit einem ordentlichen "Guten Tag, wie kann ich Ihnen denn helfen?" an, inklusive Betonung auf das Wort Ihnen, um hervorzuheben, dass die Polizei nun wirklich das Letzte ist. Was ich für heute erwartete. 

Polizist 1 schlitzäugelte mich an und fragte, wer ich sei. Ich gab eine kurze Zusammenfassung meines Lebens ("Germany!"), was aber sofort abgewürgt wurde mit der Frage, wo Tyler sei.

"Tyler? Meinen Sie Tyler, meinen Mitbewohner? ... Oh nein, das ist nicht mein Gatte, hahahaha, um Himmels willen, hahaha, ich meine HELL NO!" 

Die Polizisten schauten mich immer sonderbarer an, stellten weitere ominöse Fragen und teilten mir anschließend fast schon höflich mit, dass sie in der Einfahrt neben ihrem Wagen warten würden. Fünfzehn Minuten später mussten die Polizisten wohl zum nächsten Donutüberfall und machten sich vom Acker. 

Kurz darauf erschien der gackernde Freund, der sich nicht einmal ansatzweise beeindruckt zeigte von meiner heutigen Vorstellung in Cops, während ein sichtlich vorbeihuschender Tyler unverständlich etwas von "air filter" und "disappeared" murmelte. 
Der Freund gackerte daraufhin noch viel mehr und klärte auf, dass Tyler einen Luftfilter im Wert von $60 von einem Autozubehörhandel hatte mitgehen lassen ohne die großzügige Videokameraeinrichtung des Ladens zu bemerken. 
Tyler rannte derweil in die nächste Nachbarschaft, vergrub den geklauten Luftfilter hinter einem Busch, rannte wieder zurück und versteckte seine Bong unter der roten Kinderrutsche seiner Stieftochter.
Ein tolles Versteck, Tyler, unauffindbar für die nächsten Generationen. 

Als die Polizei zurückkehrte, hatten sie auch Tylers Eltern, Donna und Bruce, im Gepäck. Donna wütete, dass es keine Hochzeit zwischen Tyler und seiner Verlobten Lisa geben würde, sollte sein Leben weiterhin so aus dem Ruder geraten. Bruce war außer sich vor Ärger über seinen mißratenen Sohn und redete wild auf den weinenden, inzwischen oberkörperfreien Tyler, die strengen Polizisten und das teilnahmslose Polizeiauto ein. Das ging dummerweise so weit, dass die Polizisten tatsächlich Mitleid hatten und Tyler nicht einsperrten. Nicht einmal der Knüppel kam zum Einsatz! 

Zum Abschluss rief der Polizist, dass er keine Lust hätte, noch einmal dieses Jahr vorbeizukommen. Das erste Mal wegen Schießerei im Vorgarten, das zweite Mal wegen Bedrohung mit einer Waffe an der Tür und das dritte Mal wegen Prügelei mit Paul, dem Nachbarn, hätten doch nun wirklich gelangt, nicht wahr? 
Tyler nickte beschämt. Bruce kochte aus den Ohren heraus, Donna weinte nun stellvertretend für ihren Sohn. 

Der Freund und ich stiegen derweil in unser Auto, zündeten eine Beruhigungszigarette an und fuhren zum nächstbesten Zeitungsladen. 
Zeit, mal wieder umzuziehen, vielleicht dieses Mal sogar in ein Apartment mit beweglichem Duschkopf und ausklappbarer Badewanne.

Oktober 27, 2006

Lovely America
Heute: Das Metrische System


Während eines Statistik-Kurses an der Universität.

Student 1:
"Ich bin mir jetzt absolut sicher, dass ein Kilogramm genau 1600 Gramm entspricht. Ich hab das eben ausgerechnet. Oder, wobei, halt! Nein, es sind 1615 Gramm!"

Jane:
"Hä?"

Student 1:
"Definitiv 1615 Gramm. Du musst nur mal nachrechnen: 16 Unzen sind in einem Pfund und wieviel war noch mal Pfund in Kilo?"

Student 2:
"Dude, ich weiß überhaupt nicht, was Du da rechnest, es heißt Kilogramm!"

Student 1:
"Ich hab das Wort schon verstanden, dude. Ihr rechnet total falsch."

Jane:
"Es sind 1000 Gramm! Hallo! Tausend Gramm!"

Student 1:
"Nein, es sind 1600 Gramm."

Jane:
"Jetzt pass mal auf, ich repräsentiere hier das metrische System, ja, also es sind 1000 Gramm und das war's!"

Student 1 rechnet weiter und murmelt vor sich hin.
Drei Minuten später.

Student 1:
"Ach scheiße, dude, ich kann grad nicht mehr rechnen. Ist doch scheißegal mit dem Gramm und Kilogramm. Ich weiß überhaupt nicht, warum wir darüber reden, es ist nämlich schon mindestens 10 Uhr."

Oktober 23, 2006

Oktober 10, 2006

"A careful driver is one who honks his horn when he goes through a red light."
(Henry Morgan)

Apropos! 
Ich habe das Rätsel gelöst, warum Amerikaner gern durch die Gegend bummeln, wenn sie sich in ihrem Auto befinden und von A nach B fahren: Sie lieben ihr Auto. Nein, nicht wie wir unser Auto lieben, mit samstags durch die Waschstraße fahren, verliebt über die Motorhaube streicheln und ab dem ersten Schneefall pünktlich die im eigenen Keller verstauten Winterreifen per Hand aufziehen. 
Amerikaner lieben ihr Auto, denn sie richten es ein wie wir unser Wohnzimmer einrichten. Der Fahrersitz ähnelt oft einem kuscheligen Couchsessel, welcher sich auf dreißig verschiedenen Ebenen automatisch verstellen lässt. Es gibt mindestens drei Becherhalter pro Passagier, gedacht für eimergroße Colaflaschen, Kaffeepötte und Erdbeerbananesmoothies. Automatikgetriebe machen das linke Bein überflüssig; man kann es getrost ein Weilchen aus dem Fenster hängen, wenn man der richtige Typ dafür ist. Klimaanlagen kühlen auf angenehme Minusgrade, das CD-Buch hängt locker von der Sonnenblende hinab, alle Fenster sind verdunkelt und liefern somit ein lauschiges, abgeschiedenes Ambiente zum Verweilen. Für jede zu erledigende Aufgabe gibt es einen Drive-Thru-Schalter; ob Bank, Pizza, Apotheke, Stromrechnung oder zwei Flaschen Wodka. Der amerikanische Hintern friert sich mit der Zeit am Autosessel fest und es wäre blanker Unsinn, das alternative Wohnzimmer zu verlassen. 

Und so schaukeln sie durch die Gegend, oftmals gleichgültig gegenüber farblichen Unterschieden an Ampeln, Geschwindigkeitsvorgaben oder egal welchen Verkehrsregeln, die selbst auf dem abgeschiedensten Feldweg im Swaziland angewandt werden. Der verträumte Amerikaner gurkt voran, behindert die übrigen Verkehrsteilnehmer und hat nur eine vage Vorstellung davon, wohin er möchte, wieso er sich beeilen sollte und warum er nicht blinkt, wenn er abbiegt. 


Mit der gleichen Grundhaltung funktioniert auch das Schulbussystem. Schulbusse sind unverkennbar gelb mit dreifarbiger Stadionbeleuchtung auf dem Dach und an den Seiten. Meist sitzt eine mit dem Ernst eines Bestatters dreinblickende, überdimensionierte Frau hinter dem Steuer und lenkt das Schiff durch die Nachbarschaften, um alle Schulkinder aufzulesen. Das läuft nach einem völlig ineffizientem Prinzip, dem sogenannten Fünf Meter-Prinzip (FMP):




Schritt 1: Bus hält. 

Schritt 2: Kind 1 steigt ein.
Schritt 3: Bus fährt fünf Meter weiter. 
Schritt 4: Bus hält.
Schritt 5: Kind 2 steigt ein.
Schritt 6 bis 100: siehe Schritt 1 bis 5

Überraschend, erwartet man doch von primär mit Burgern und Hersheys gemästeten Kindern, dass sie wenigstens ein paar Meter laufen, um aus dem Fünf Meter- ein Fünfhundert Meter-Prinzip zu machen. Glücklicherweise sind mir dicke Schüler ziemlich egal, was mir aber nicht egal ist, ist die Verkehrsregelung, immer dann zu halten, wenn der Bus seine Stadionbeleuchtung anschaltet, das Stoppschild ausfährt und ein einzelnes Kind einsteigen lässt. Man bummelt einem gelben, blinkenden Schulbus hinterher, viele lange Minuten und noch mehr Minuten lang. Unendlich lang, so lang, dass man schon vorsorglich beim Friedhof anruft, um sein Grab ausschaufeln zu lassen.

Liebes mobiles Amerika, ihr seid echt super und so, aber benutzt endlich das Gaspedal, den Blinker und nachvollziehbare Verkehrsregeln, solange wir uns die Straßen teilen. Bewegt euren Hintern aus eurem Wohnzimmer und lauft zum Bankschalter anstelle eure Schecks durch eine Röhre zum Bankangestellten durchblasen zu lassen. Schenkt euren Kindern Fahrräder und schafft das FMP ab, sonst platzt ihr eines Tages. Und, last but not least: Fragt nie wieder, ob es Straßen in Deutschland gibt, wenn gerade ein Mercedes Benz vorbeifährt. 

Einverstanden?