März 26, 2013

"The most important work you and I will ever do will be within the walls of our own homes." (Harold B. Lee)

Die Wischkonzerne produzieren immer wieder neue Wischsysteme und Wischlappengrößen, die inkompatibel mit dem alten Gewäsch sind. Man wird gezwungen, alle zwei Jahre ein Update zu kaufen, also sich ein neues Reinigungsset zusammenstellen. Das ist teuer, auch weil die alten wie neuen Wischer in erster Linie herumliegen und nicht von selbst loswischen. Ohne das Plug-In Putzfrau bzw. SelbstistdieFrau wird der Mop nicht aktiv.

Ich habe mich informiert, was bei den Bodenpflegefirmen angesagt ist und musste zunächst feststellen, dass Weleda Gesichtscremes produziert, jedoch nicht den Easy Wring und Clean Wischer, wie es bei Vileda der Fall ist. Jener neuartige Lappen hat bei Amazon 4.9 von 5 Sternen und wird als "praktisch" und "einfach top" rezensiert; er muss also wirklich beeindrucken, sonst wären sicherlich nicht 11 Leute mit einer Grundausbildung in Lesen und Schreiben online gegangen, um zu hinterlegen, wie es ihnen mit einem modernen Teleskopstiel und ovalem Mikrofasertuch in Kombination erging.

Die Vileda-Homepage erklärt, dass sie "Marktführer in der mechanischen Haushaltsreinigung" sind, dazu gibt es "Neues aus dem Vileda Labor" über Glitzi, den Lieblingsschwamm, oder das SuperMocio Action System mit Pick up Poren. Leifheit ist "immer eine Idee besser" und außerdem Top-Arbeitgeber 2013, dem das Parkett vertraut. Ha-Ra reinigt nicht nur mechanisch, sondern auch physikalisch und bietet zudem Bücher vom Firmengründer Hans Raab an, der in seiner Freizeit einen Fisch namens Malander liebt und gern mehr davon essen würde.

Auf dieser Basis kann ich keine fortgeschrittenen Wischentscheidungen fällen, zumal ich mich nicht weiter der Diktatur der Reinigungssysteme unterwerfen möchte. Es ist Zeit für große Alternativen, für einen ganz neuen, unverfälschten Blick auf meine persönliche Bodenpflege. Simple Seelen raten zu einem beherzten Griff zum Schrubber plus No Name-Lappen, selbst ein nasser Sack würde zu einem kleinen Erfolg führen. Doch das reicht mir nicht. Ich suche die allumfassende Lösung und finde Bodenreinigungsmaschinen, zum Beispiel die L20B von Kenter (liebevoll die "Kleine" genannt) für nur 2.790 Euro, die gleichermaßen den "Erwartungen der Bediener und Controller" entspricht. Ich arbeite in meinem Haushalt definitiv als Bediensteter in der Abteilung Controlling, dieses Gerät passt insofern gut zu mir, der Preis jedoch nicht. Die Alternative, der Kenter Nassschrubautomat für Flächen bis zu 8.000 m², verhält sich antiproportional zu meiner mir zur Verfügung stehenden Wohnungsfläche, obwohl auch ich im trauten Heim die Einheit m² anwende und hin und wieder im täglichen Sprachgebrauch einflechte. Sollte ich vielleicht nicht mehr feucht wischen und nur noch saugen? Zum Beispiel mit dem Bosch Zoo'o ProAnimal, der Katzen wegsaugt, während der Hund lachend zuschaut?

http://www.bosch-home.com
Ich habe nicht nur eine, sondern zwei Katzen zu Hause, die sich eher mit Hans Raab und dem Malander arrangieren als Bosch ins Haus zu lassen. Das aktuellste Ergebnis von Stiftung Warentest, welcher Staubsauger wirklich etwas taugt, kostet als Download drei Euro; die Kollegen dort haben festgestellt, dass "verschmutzte Teppiche" als "größte Herausforderung für Staubsauger" anzusehen ist, eine ziemlich bahnbrechende Information, die im modernen Saugzeitalter schnell untergehen kann. Gerade jetzt ist es wichtig, sich auf die Grundlagen zu konzentrieren. Nämlich meine Grundlagen, sprich meinen Boden, mein Parkett, meine Fließen.

Die Wischsetmonopolisten haben mich weiterhin fest im Griff. Ich habe mich nun für den Kitty Style Chenille mit integrierter Sprühkopfeinrichtung entschieden und lebe sehr gut damit.


Februar 27, 2008

“This is no time for ease and comfort. It is the time to dare and endure.” (Winston Churchill)

Gestern lief ich zum Pfannkuchenhaus und sah, dass am Rande der Kreuzung eine dicke Frau bei Regen auf dem Boden lag, eine türkisfarbene Decke und einen Regenschirm über sich, dazu eine Traube Menschen um sie herum. Direkt dahinter stand ein wild blinkendes Auto; die dicke Frau war augenscheinlich überfahren worden.
Ich fragte mich dann, welche Anzahl von neben dem Opfer knienden Personen ausreichend ist, um guten Gewissens von sämtlichen Hilfemaßnahmen befreit zu sein.

Drei?

Ich lief jedenfalls weiter, denn es waren mindestens zehn Personen anwesend und weitere zwanzig knallten gegen umstehende Straßenlaternen, weil sie vor lauter dampfiger Schaulust in die falsche Richtung blickten.

Im Pfannkuchenhaus entdeckte ich das Pfannkuchendilemma der Aschaffenburger Kinder mit absoluter lose-lose-Situation.
Neben mir saß ein dünnes Mädchen von etwa zehn Jahren und versuchte sich an einem motorradgroßen Pfannkuchen mit acht Schichten Nutella; es blieb ihr auch keine andere Wahl, denn alles auf der Speisekarte gab es ausschließlich in motorradgroß. 
Als sie fast den ganzen Pfannkuchen im Magen verstaut hatte, gab sie seufzend auf. Kurz darauf sagte ihre Mutter, dass sie doch bald wieder in das Pfannkuchenhaus gehen sollten, es schmecke ja so lecker. Das Mädchen nickte mit hängenden Mundwinkeln und sagte: „Aber nur, wenn mir nicht gerade übel ist.“ 

Mir tat das Mädchen sehr leid, denn sie hatte nie wieder die Chance, mit voller Freude an Pfannkuchen denken zu können. Würde sie bei einem zukünftigen Besuch nicht mindestens vier Fünftel des Pfannkuchens essen, so erschiene es den Eltern als Zeichen, dass es sich nicht lohnt, mit dem kaum essenden Kind in das Pfannkuchenhaus zu gehen, da es doch alles auf dem Teller liegen lässt. Würde sie hingegen ordentlich zuschlagen, so wäre ihr ein jedes Mal schlecht und sie ginge freiwillig nicht mehr in das moderne Pfannkuchenhaus mit den bequemen Lederhockern und dem großen Glas Spezi auf dem Tisch.

Ich bestellte mir übrigens einen herzhaften Pfannkuchen mit Zwiebeln, Speck und Kräutercreme, ließ mindestens ein ganzes Viertel des Wagenrads übrig und stand dann einfach ohne telefonische Absprache mit meinen Eltern auf.
Irgendwie win-win.

http://www.amazon.de

Dezember 06, 2007

"The strength of a nation is derived from the integrity of its homes." (Konfuzius)

Naaaaa, steckt ihr auch alle schön eure Hosen in die kniehohen Stiefel?

Auf den Straßen des bayrischen Nizzas fiel mir letztens auf, dass es den Familien Deutschlands in den letzten drei Jahren meiner Abwesenheit geglückt ist, die Oberhand im schlechten Geschmack zu gewinnen, indem sie Babybilder mit Namen ihrer Kinder auf der Heckscheibe des Autos anbringen. Da steht dann Tamara und Felicitas, die wohl die Neuzugänge sind und nun auch im Kinderwagen Marke SUV durch die Gegend schaukeln dürfen.

Ansonsten hat sich nicht viel geändert: Bono singt immer noch davon, dass man froh sein soll, dass die armen Schlucker in Afrika die Dummen sind und nicht wir. Im Vedeskatalog sind Kaufläden in Miniaturgrösse weiterhin der Geschenkerenner unterm Weihnachtsbaum, obwohl die Kinderkassen mittlerweile einen technischen Aufschwung durch Integration eines Scanners und Mikrofons für wichtige Durchsagen ("Zweite Kasse bitte") erlebten. Ich habe mich artig ins allgemeine Gemecker über das deutsche Wetter eingegliedert und spreche von nichts anderem - außer die Benzinpreise wurden gerade erhöht oder das Lieblingsbier ist ausverkauft. Beim großen Radiocountdown der besten Lieder aller Zeiten gewann wie schon in den vergangen achtundneunzig Jahren "Stairway to Heaven" und Peter Klöppel verbesserte zwischenzeitlich sogar noch die Austrahlung seiner bedröppelten Miene, wenn schon wieder Erdbebenopfer zu beklagen sind.

Trotz bester Einlebung in der alten Heimat beging ich schon gleich bei meiner ersten offiziellen Busfahrt Richtung Arbeit den Fehler, meine neu erstandene Monatskarte beim Zusteigen nicht beim Busfahrer vorzuzeigen, was mir eine kleine Beschimpfung und missbilligende Blicke der übrigen Fahrgäste bescherte. Überhaupt Arbeit: Ich gehöre ja mittlerweile zum Proletariat und verbringe täglich mehr Stunden auf einem Bürostuhl als kniffelnd über Wirtschaftsbüchern auf dem Sofa. Anstelle schöner Noten gibt es nun Qualitatsmeetings und statt großer Lücken im Stundenplan nur eine kurze Mittagspause, in der man mit Kollegen darüber diskutiert, warum keiner den Unterschied zwischen Reisebüro und Reiseveranstalter kennt.

Mein schönstes Erlebnis hatte ich aber auf dem örtlichen Postamt, als ich ein Paket voll mit Kochtöpfen abholte und meinen neu ausgestellten Personalausweis vorzeigte.

"Na sowas, da dachte ich grad an Christstollen und da kommen Sie daher!"

Na dann: Prost auf die neue alte Heimat.

Oktober 11, 2007

"It has become appallingly obvious that our technology has exceeded our humanity." (Albert Einstein)

Media Markt.

"Entschuldigung..." 

"Was?" 

"Ich brauche ein Kabel, damit ich Musik vom Laptop über meine Anlage hören kann." 

"Was für wawa blabla pengpeng haben Sie denn?"

"Wie bitte? Was für einen Laptop ich habe? Einen..." 

"Nein. Was hat Ihr Laptop für einen Anschluss? Kopfhörer, Yves Rocher, Aux oder Harry Belafonte?"

"Ja keine Ahnung, uhm..."

Herabwürdigendes Lächeln.

"Und Ihre Anlage, hat die Jil Sander oder auch Aux, so rot-weiße Kabel?" 

"Ja ja! Rote und weiße Kabel!" 

"Gut, das ist dann Aux."

Stürmt zum Regal.

"Das hier... oh." 

"...gibt es gar nicht mehr. Muss ich da noch mal wieder..." 

"Natürlich gibt es das noch." 

Rennt ins mediamarkterische Niemandsland.

Kehrt zurück. 

"So. Kabel für 5.99. Das sollte gehen." 

"Das ist ja herrlich." 

"Also das Rote zum Roten, ja!" 

"Weiß ich. Hab doch auch die Anlage ganz allein..."

"Ja, schönen Abend noch."

Juni 19, 2007

“Travel is glamorous only in retrospect.” (Paul Theroux)

Die gute Nachricht zuerst: Es gibt wieder Nüsse im Flugzeug! Das jahrelange Brezelmonopol ist vernichtet worden.

Die schlechte Nachricht: Es gibt immer noch Fluggesellschaften, die ihren Job hassende Stewardessen jenseits der 40 beschäftigen.
Die besonders schlechte Nachricht: 38 Stunden vor Abflug nach Deutschland stellte ich fest, dass mein Reisepass hinfort war, MIA sozusagen. 
http://www.amazon.de
Nach wildem Durchwühlen aller Schränke, aller Schubladen, aller Kisten und aller Taschen gab ich erst die Hoffnung und dann die Panik auf und rief morgens gegen drei Uhr die Notfallhotline des deutschen Konsulats in Miami an. Da alle Telefonleitungen tot waren, rannte ich zum gegenüberliegenden Waffle House, ein Schnellrestaurant, das angeblich keine Schlösser hat, weil es nie schließt. 
Der Nachtkoch lieh mir sein Telefon und stellte daraufhin die Jukebox auf ein ohrenbetäubendes Everybody have fun tonight. Aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen hörte ich nach vielen Versuchen trotzdem eine lebende Person am Telefon, die mir schläfrig und eher desinteressiert erklärte, dass ich sie leider umgehend besuchen müsse, und zwar zu den vollständig den amerikanischen Verhältnissen angepassten Öffnungszeiten von 08:30 bis 11:30 Uhr des Vormittags. 

Gegen halb vier Uhr morgens befand ich mich auf der Autobahn für Arme, der sogenannten Interstate, um 340 Meilen später in Downtown Miami anzukommen. Das grösste Highlight der Fahrt, abgesehen von völliger Übermüdung und daraus resultierendem Kaffeewahn, war ein urlaubendes Reh am Fahrbahnrand, welches sich nicht von riesigen Trucks oder meiner konstanten Geschwindigkeitsübertretung beeindrucken ließ und gemütlich frühstückte. Das Gras am Abgrund schmeckt immer am besten.

Auf dem Konsulat sprachen alle spanisch und ich war mir vorübergehend nicht mehr sicher, ob Mexiko mittlerweile deutsche Auslandsbehörden übernommen hatte. An den Wänden hingen völlig sinnfreie Bilder mit der Überschrift „Kreativ in Mexiko Deutschland“, während man die Konsulatsbeamten in Kämmerlein 1, 2 oder 3 nur nach erfolgreicher Auslosung einer Nummer antreffen durfte. Vor mir kam also ganz Miami zum Zuge.

Gegen 12.30 Uhr mittags hielt ich einen Reisepassersatz in Händen und rannte durch die chaotische Stadt zurück zu meinem Auto. Die Rückfahrt dauerte gefühlte 300 und echte sechs Stunden, was besonders gut mit meinem Schlafentzug seit wiederum 38 Stunden zusammenpasste. 
Das urlaubende Reh vom Straßenrand hatte inzwischen eine Mietwohnung im Wald bezogen und stand nicht mehr auf Extreme Feeding, obwohl ich mich dieses Mal wirklich anstrengte, alles und jeden zu überfahren.

Servus USA. Ich mach jetzt erst einmal Pause von euch.