Nicht schlecht
Letzten Dienstag quälten sich mein Freund und ich uns in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett. Sofort rannte er zu unserem Auto, startete es und drehte die Heizung voll auf. Anschließend hechtete er wieder herein, hüllte sich in eine Decke, riss den Ofen auf und stellte 250 Grad ein. Da das alles nicht ausreichend schnell aufheizte, machte er zusätzlich noch zwei Herdplatten an.
Als ich Richtung Küche abbog, traf mich der Schlag, weshalb ich zunächst Handschuhe mit abgesägten Fingerspitzen anzog und dann etwas Holz in den Mülleimer warf, damit sich der Freund händereibend vor die selbstgemachte Ghettotonne stellen konnte.
Ich schaltete den Fernseher ein und ließ mir zeigen, wie ein französisch aussehender Physiker mit Baskenmütze eine mittelalterliche Kanone nachbaute. Mir fiel auf, dass ich nicht weiß, wie Eisen hergestellt wird.
Ich schrie Richtung Küche: „Wie wird Eisen hergestellt?“
Er schrie zurück: „Eisen kommt aus dem Boden!“
Ich: „Und dann?
Er: „Kann ich Dir nicht sagen, mir ist kalt!“
Ich: „Es hat 15 Grad!“
Er: „Mir ist kalt!“
Ich: „Wieso weißt Du nicht, wie man Eisen herstellt? Ich dachte, das weiß jeder Mann. Eisen ist doch Männersache.“
Er: „Eisen ist auch im Essen!“
Ich: „Ofen aus!“
Wir fuhren dann Richtung Arbeit, hielten unterwegs an einer Tankstelle und kauften becherweise Kaffee. Vor uns stand eine Dame an der Kasse, die genau 8 Dollar und 51 Cent zu zahlen hatte. Sie zückte ihre Brieftasche, die ungefähr Ausmasse des Universums hatte (die Frau übrigens auch), und begann an einem Scheck zu schreiben. Viele Jahre später war sie fertig, wir waren an der Reihe und dann waren die Biscottis leer, kleine Mandelkekse in blauer Verpackung, die man hervorragend in seinen Kaffee tauchen kann.
Er: „Ich brauche aber unbedingt Biscottis. Fünf!“
Ich: „Die sind aus.“
Er: „Nein! Im Lagerraum sind immer welche.“
Ich: „Ist das jetzt Deine Tankstelle?!“
Er (zur Verkäuferin): „Können Sie da mal nachschauen?“
Ich (auf Deutsch): „Jetzt lass doch die arme Frau in Ruh.“
Die Verkäuferin: „War das Russisch?“
Ich: „Uff.“
Wieder im Auto waren alle Kekse nach fünf Minuten weg. Wir fuhren etwas rasend, weshalb der Freund meinte, wir brauchen ein Radargerät, was anzeigt, wenn ein Polizist in der Nähe ist und meine gefahrene Geschwindigkeit misst. Genau in dem Moment klappte das Handschuhfach von alleine auf.
Ich (überrascht): „Ist das jetzt von allein aufgegangen?“
Er: „Ich war’s nicht!“
Ich: „Du warst ja nie irgendwas.“
Er: „Kann ich von Deinem Biscotti abbeißen?“
Ich: „Du machst immer zu große Bisse. Mach das Fach wieder zu.“
Er: „Wenn ich mehr Geld hätte, würde ich mir so einen Panzer wie der Chef Deiner Mutter kaufen.“
Ich: „Ich zahl sowas nicht!“
Er: „Dann halt eine Bulldogge.“
Als ich den Freund abgeliefert hatte, war es endlich still und konnte mir in Ruhe überlegen, wie es wäre, scheckschreibend fünf Biscottis mit einem Panzer zu überfahren, während unsere Bulldogge den Ofen anstellt.
Nicht schlecht wäre das. Nicht schlecht.
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